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Mittwoch, 4. November 2020

Integration / Inklusion in Kitas wirklich ernst gemeint??

Das „Gesetz zur Stärkung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur finanziellen Entlastung von Familien und Kommunen (Kita-Reform-Gesetz)“ lässt vermuten, dass es Familien damit finanziell besser geht, Kommunen entlastet werden – und: die Qualität der Betreuung sich verbessert!

Mit Blick auf Kinder mit Behinderung und deren Familien greift leider keines dieser Versprechen. Denn:

1. Ab dem 01.01.2021 müssen Familien, deren Kinder mit Behinderung einen Platz in einer Regel-Integrationsgruppe haben, Kita-Beiträge zahlen. Davon waren sie seit 1993 befreit – als Nachteilsausgleich, und um sicherzustellen, dass auch Familien mit geringen Einkommen ihre Kinder mit Behinderung in Kitas anmeldeten. Damit ist nun Schluss - unter der Überschrift „Inklusion“ und mit dem Argument, alle würden gleichbehandelt.

Wäre das wirklich so, wäre das Vorgehen nachvollziehbar.

Leider stimmt es bei näherem Hinsehen nicht. Kinder mit Behinderung benötigen meistens einen höheren Personalschlüssel und eine entsprechende Qualifikation des Betreuungs- und Erziehungspersonals. Und für dieses Personal gibt es eine Begrenzung auf max. 6 Std. täglich.

Gleichbehandlung sieht anders aus!

Eine offizielle Informationen des Landes oder der Kommunen an die betroffenen Familien über die Veränderungen und deren Hintergründe gibt es zudem nicht. In weiten Teilen des Landes scheint man es den Kitas zu überlassen, Bote für eine unangenehme Nachricht zu sein. Wertschätzung gegenüber Familien und Kitas sieht anders aus!


2. Bisher wurden der größte Teil der Kosten für Integrationsplätze in Kitas von den Kreisen und kreisfreien Städten im Rahmen der Eingliederungshilfe übernommen. Nach der Umstellung der Finanzierung im Rahmen des neuen Kitagesetzes, übernimmt die Eingliederungshilfe der Kreise und kreisfreien Städte nun den sogenannten „behinderungsbedingten Mehrbedarf“ für Personal- und Sachkosten – sozusagen die Aufstockung der Kosten des Personals im Regelbereich auf die Kosten für heilpädagogisches Personal und einen Anteil Sachkosten.

Es ist noch gar nicht klar, ob und welche weiteren anfallenden Kosten die Standort-Gemeinden dann übernehmen werden müssen, da dieses Vorgehen auch für sie neu ist. Wir befürchten, dass es hier zu regionalen Unterschieden kommen wird.

Verbesserung der Qualität, kommunale Entlastung und flächendeckende gleichberechtigte Versorgung sieht anders aus!


3. Im Rahmen des neuen Kita-Gesetzes ist für den Regelbereich eine Aufstockung des Personals von 1,5 auf 2 Kräfte pro Gruppe (ganztags) vorgesehen. Das gilt jedoch nicht für die Stellenanteile der heilpädagogischen Kräfte, die für die Kinder mit Behinderung in den Gruppen arbeiten – hier bleibt es bei einer max. 6 Std.-Betreuung pro Wochentag. Erst für das Jahr 2024 sind neue, gemeinsame Regeln angekündigt. Es bleibt abzuwarten, ob hier echte inklusive Bedingungen geschaffen werden können.

Qualitätsverbesserung sieht anders aus!


Weiterhin können heilpädagogische Kleingruppen nicht in die Kita-Datenbank aufgenommen werden, da diese Gruppen ausschließlich über die Eingliederungshilfe finanziert werden. Die Datenbank soll eine Orientierungsmöglichkeit für Eltern bieten, die nach einem Platz für ihr Kind mit Behinderung suchen. Diesen Eltern ist der einfache Zugang und die einfache Information über das Angebot und dessen Qualität damit verwehrt.


Das Ministerium für Gesundheit, Soziales, Jugend, Familie und Senioren Schleswig-Holstein hat es aus organisatorischen Gründen zu Beginn des Reformprozesses im Kitabereich leider abgelehnt, sich von Anfang an mit den gemeinsamen Bedingungen für Kinder mit und ohne Behinderungen auseinanderzusetzen. Die Folge ist, dass es nun spürbare Schwierigkeiten gibt, die Bedingungen für Kinder mit Behinderung jetzt in ein fertiges System einzupflegen.


Wir fordern das Land dringend auf, sich mindestens für den Erhalt des Status Quo im Bereich Integration in Kitas einzusetzen – und sich wenigstens um eine einheitliche und umfassende Informationspolitik gegenüber den Familien zu bemühen, die ab dem 01.01.2021 nun Kita-Beiträge zahlen sollen. Überlassen Sie es nicht den Kitas, hier Bote sein zu müssen!


gez. 03.11.2020
Alexandra Arnold

Ansprechperson

 

Alexandra Arnold

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